Regierungsberater und Außenpolitikexperten dringen auf massive Aufrüstung und personelle Aufstockung der Bundeswehr und warnen bei Misslingen vor empfindlichem Einflussverlust Deutschlands und Zerfall der EU.
Von: german-foreign-policy – 4. März 2025.
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BERLIN (Eigener Bericht) – Berliner Regierungsberater und Außenpolitikexperten fordern von der nächsten Bundesregierung eine massive Aufstockung des Militärhaushalts, drastische Einschnitte bei den Sozialausgaben und eine energische Indoktrination („Mentalitätswandel“) der Bevölkerung. Die Forderungen finden sich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Internationale Politik (IP), die von der einflussreichen Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) herausgegeben wird. Titelthema der Ausgabe ist die Frage, „was die Welt von Deutschland nach der Wahl erwartet“. In den Beiträgen heißt es etwa, die nächste Regierung müsse die deutsche Bevölkerung darauf vorbereiten, „dass Deutschland zur europäischen Führungsmacht wird, diplomatisch und militärisch“. Dazu gelte es „die Zeitenwende in den Köpfen zu verankern“. Ein Professor der Münchner Bundeswehr-Universität schlägt die Einführung eines „Verteidigungs-Soli“ von einem bis 1,5 Prozent der Einkommensteuer vor und droht, rüste Berlin die Bundeswehr nicht ausreichend auf, werde „Deutschlands Einfluss“ in der internationalen Politik „dauerhaft sinken“. Ein anderer Autor warnt, ein Zerfall der EU sei erstmals seit den 1950er Jahren ein „realistisches Szenario“.
„Schleichender Verfall“
Wie es in der aktuellen Ausgabe der IP heißt, ist die EU schon seit geraumer Zeit von einem „schleichenden Verfall“ geprägt. Dafür gebe es verschiedene Ursachen, urteilt der DGAP-Experte Josef Janning, der sich schon seit Jahrzehnten mit der EU befasst. Eine der Ursachen bestehe darin, dass schon im Alltag, insbesondere aber in „Verteilungskonflikten und Krisen“ die „Folgen supranationaler Politikverflechtung spürbar“ würden.[1] Diese sind vor allem für schwächere Mitgliedstaaten und für Bevölkerungsgruppen, die nicht den nationalen Eliten angehören, oft negativ. Das habe dazu beigetragen, dass häufig „rechtsnationale Strömungen und Parteien … an Gewicht“ gewonnen hätten, schreibt Janning. Zugleich sei festzustellen, dass „spätestens mit dem Scheitern des Verfassungsvertrags von 2004“ das Ziel einer „immer engeren Union der Völker Europas“ aus der realen Politik verschwunden sei und allenfalls noch in „Festakten … und Koalitionsverträgen“ beschworen werde. Verliere man aber das große Ziel aus den Augen, könnten auch „die kleinen Schritte“ nicht mehr „verstanden und vermittelt“ werden. Es komme hinzu, dass – wohl wegen gesteigerter Interessensdivergenzen – keine strategisch orientierten „Koalitionen unter Mitgliedstaaten“ mehr bestünden. Nicht zuletzt hätten die USA unter Trump ihr Interesse an einem „stabilen“ und „kooperativen Europa“ verloren.
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