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Protestaktion bei der Wiedereröffnung der Volksbühne

    Wenn etwas faul ist im Staate D., erhebt sich das gallische Dorf.

    Von Maurice de Grevè.

    Es war ein ehrwürdiger Abend. Zur feierlichen Wiederöffnung der Berliner Volksbühne am 16.09.2021, mit  einer Doppelpremiere aus Theaterabend und Intendanzantritt, zeigte die alte Dame Volksbühne, welche Kraft in ihr steckt. Auf welchem Boden sie steht, dank welcher Groschen sie überhaupt existiert. Arbeitergroschen ermöglichten den kostspieligen Bau nach Plänen des Architekten Oskar Kaufmann, ganz im Stil der Moderne, ein Theaterbau für die Massen. Das Entré bietet viele Türen, die Eintrittspreise sind moderat. Kultur für jedermann, egal ob reich ob arm.

    Und jetzt also Corona. Oder besser vielleicht: Corona trifft auf Volksbühne. Die Herren der wieder eröffneten Volksbühne schwanken zwischen 3G-Regel oder doch eher 2G? Wer will das schon schlussendlich entscheiden? Auf jeden Fall stört die Geschäftsleitung der Gedanke in keiner Weise, dass sie damit nicht mehr in erster Linie ihrem zahlenden Publikum verpflichtet ist. Denn neben einem 10–Euro-Schein sind Impfnachweis, Genesenenbescheinigung oder zu bezahlendes negatives Testergebnis vorzuweisen. Vor die Kunst setzen die von der Volksbühne ein Formular.

    Der Zugang zum Theater wird also durch die Leitung per G-Regel eingeschränkt. Die Türen stehen damit nicht jedermann offen. Auch keine Sozialkarte hilft da. Der Zuschauer ist, perfider Weise, gezwungen, sich gesundheitlich zu erklären, bevor er eintreten darf. Dieser Umstand muss das Gemäuer ordentlich zum Knirschen gebracht haben. Denn das Fundament der Volksbühne steht auf den Groschen der Vielen. Der Gleichen. Und jetzt sollen wir nicht mehr alle gleich sein vor der Kunst?

    Aus diesem Widerspruch entspringt die eigentliche Überraschung des Abends. Unverhofft und auf leisen Sohlen läutet die unverwüstliche Volksbühne die 3. Premiere des Tages ein. Ein kristalliner Rest der Gleichen unter Gleichen, die wahren Erben der Arbeitergroschen, trat trotzig vor ihren Tempel der Theaterkunst und begehrte Einlass. Ohne Gesundheitszertifikat. Nur mit zehn Euro auf der Tasche. Punkt.

    Unterstützung bekommen sie durch die Moritat von Mackie Messer, intoniert aus dem Leierkasten. Eine Megafondurchsage unterrichtet die Gäste im wärmsten Werbesprech darüber, dass die Gesundheit der Besucher für die Leitung an oberster Stelle stehe und daher vor und in der Aufführung klare Seuchenregeln gelten oder Impfangebote auf der Bühne möglich sind und als Impfbelohnung Treffen mit Stars winken. Also alles ganz New Normal.

    Durchsagen wie: „Liebe Besucherinnen und Besucher. Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren haben, ist es einer Anzahl von Querdenkern, Verschwörern und Theoretikern gelungen, sich mit dreist erworbenen Tickets Zugang zur heutigen Aufführung zu verschaffen“,bringen niemanden aus der Ruhe. Vielleicht mal ein kurzer Blick über die Schulter, auf der Suche nach der Security. Die Wirrköpfe werden immer dreister. Kennt man ja seit über einem Jahr aus den Medien. Offensichtlich durch gute wissenschaftliche Argumente kaum mehr zu erreichen, Verlorene eben.

    Unwillkürlich ist man bei dem Auftritt an die Bewohner eines kleinen gallischen Dorfes erinnert, die eine Gewissheit verbindet: Die spinnen, die Römer! Denn schnell wird klar, die Übermacht ist riesig. Ohne Wurzeln im Fundament wären die Volksbühnengallier im Nu hinweggefegt. Doch sie widerstehen allen Angriffen erboster Mütter und militanter Funktionäre, weichen nicht, verteidigen ihr Transparent, auf dem steht: Impft euch ins Knie!

    Anmerkung der Redaktion: Die Aktion, an der die Freie Linke Berlin beteiligt war, ist hier im Video dokumentiert: https://kraut.zone/w/xi2HFceDGu14osKjKJfWfs

    Hier gibt es weiter Informationen zu dieser Aktion und ihrem Medien-Echo: http://magazinredaktion.tk/corona69.php, http://magazinredaktion.tk/corona84.php, http://magazinredaktion.tk/corona70.php (Wir danken einem Leser für die Hinweise!)

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