Presse-Erklärung der Freien Linken Berlin zur Berichterstattung über unsere Solidaritätsveranstaltung „Stopp Ramstein“ am 25.06.2022 auf dem Antonplatz in Berlin.
Anders als das Jüdische Forum stellt die Freie Linke Berlin keinen Zusammenhang zwischen Finanzkapital und Judentum her!
Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA), eine 2008 gegründete und seit 2012 als gemeinnütziger Verein tätige Initiative, die u.a. mit Mitteln des Bundes und des Landes Berlin finanziert wird, hat noch in der Nacht zum 26.06.2022 auf seinem YouTube-Kanal ein gut zweiminütiges Video hochgeladen, in dem Ausschnitte zweier Reden von unserer Solidaritätskundgebung zu sehen sind, die vom JFDA kommentiert werden:
https://www.jfda.de/post/antisemitismus-und-auftritt-von-dieter-dehm-auf-anti-demo
Zu Diether Dehm von der Partei Die Linke insinuiert das JFDA, dass er Verschwörungstheorien propagiere. Die Tatsache, dass „viele seiner politischen Positionen […] unter Kritik [standen und stehen]“, muss als alleiniger Beweis dafür herhalten.
Dem Redebeitrag Maltes widmet sich der Text des JFDA ausführlicher. Aus Maltes paraphrasierter Aussage, „dass die ‚Spieler‘ im internationalen politischen ‚Schachspiel‘ keine Nationalstaaten mehr seien, sondern ‚globalistische Akteure, die keinerlei Bindungen oder Loyalität zu irgendeinem Nationalstaat oder zu irgendeiner territorialen Verankerung haben‘“, zieht das JFDA den völlig abwegigen Schluss: „Damit bediente er [i.e. der Redner] das klassische, schon im Nationalsozialismus verbreitete antisemitische Bild der mit Jüdinnen:Juden assoziierten ‚wurzellosen Elite‘, die keinem ‚Volk‘ gegenüber loyal und zugleich für politische Konflikte und Probleme verantwortlich zu machen seien.“
Im Gegensatz zum Redner bedient genau eine solche Argumentation antisemitische Stereotype, denn eine allgemein formulierte Kritik am Finanzkapitalismus beinhaltet eben nicht das vom JFDA angeprangerte Bild eines von Jüdinnen und Juden kontrollierten Kapitals. Vielmehr wird durch die vom JFDA vorgenommene Identifizierung des von den Nationalsozialisten propagierten Narrativs mit der marxistischen Kritik am Finanzkapital dieses antisemitische Bild überhaupt erst evoziert.
Dieselbe fatale, weil massiv antisemitische Denkweise findet sich auch im Folgenden:
„Der Redner fuhr anschließend mit der Behauptung fort, dass die von ihm identifizierten Personen im ‚unproduktiven Finanzkapital zu suchen‘ seien. Auch hierbei handelt es sich um ein populäres antisemitisches Bild. Schon die Nationalsozialisten stützten ihren verkürzten ‚Antikapitalismus‘ auf eine künstliche Trennung zwischen der vermeintlich guten Seite kapitalistischer Produktion – den guten, ehrlichen, ‚schaffenden‘ Arbeitern – und der negativen – der unehrlichen, unproduktiven, ‚raffenden‘ Finanz- und insbesondere Zinssphäre. Mit Letzterer wurden (und werden in vielen Fällen bis heute) jüdische Menschen identifiziert, weshalb dieser verkürzte, personalisierte Antikapitalismus als eine der verbreitetsten Formen des modernen Antisemitismus gelten muss.“
Angesichts dessen, dass gerade NICHT der Redner, sondern das JFDA „Personen“ – nämlich „Jüdinnen:Juden“ – mit dem unproduktiven Finanzkapital identifiziert hat, wiegt die Tatsache umso schwerer, dass auch hier wieder antisemitische Stereotype überhaupt erst aufgerufen werden. Auch in diesem Absatz wird ausgerechnet von Seiten des JFDA eine als ‚unehrlich‘, ‚unproduktiv‘ und ‚raffend‘ beschriebene „Zinssphäre“ mit jüdischen Menschen gleichgesetzt und unterstellt, dass der Finanzkapitalismus gleichsam unter jüdischer Kontrolle stehe.
Die Kritik an einem Finanzsystem, was die o. g. Eigenschaften erfüllt, aber bekanntlich NICHT jüdisch kontrolliert und gesteuert wird, kann nicht automatisch antisemitisch sein, sondern ist von Grund auf antikapitalistisch – oder geht das Jüdische Forum so weit behaupten zu wollen, heute sei Antikapitalismus mit Antisemitismus gleichzusetzen?
Einer Organisation, die mit öffentlichen Geldern finanziert wird, Gemeinnützigkeitsstatus innehat und von sich selbst behauptet, „Partei für die Achtung der Menschenwürde“ zu nehmen[1], sollte gerade keine antisemitischen Argumentationsformen benutzen.
[1] Tätigkeitsbericht 2020, S. 4: https://www.jfda.de/_files/ugd/d64e45_2254ce28055e42048039658c392003d4.pdf, abgerufen am 27.06.2022
Freie Linke Berlin