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Hammer and Dance 4.0

    oder Dark Winter forever?

    Ein Essay von Uwe Moldenhauer[1]

    Der Lockdown-Guru Thomas Pueyo, ehemaliger Berater aus dem Silicon Valley, veröffentlichte am 10. März 2020 auf seinem Blog medium.com seinen viel beachteten und detailliert recherchierten Artikel Coronavirus: Why You Must Act Now[2] zur Ausbereitung und Bekämpfung des Coronavirus. Dieser Text wurde innerhalb weniger Tage in mehr als 30 Sprachen übersetzt und millionenfach geteilt. Sein darin verbreitetes Motto Flatten the Curve wurde dann schnell zum Leitmotiv der damaligen Corona-Politik und mantragleich von diversen qualifikationsbefreiten Wissenschaftlern und selbsternannten Hobbyvirologen bei jeder Gelegenheit der Öffentlichkeit kundgetan.

    Nur gut eine Woche später erschien am 19. März sein Aufsatz mit dem kryptisch anmutenden Titel The Hammer and the Dance[3], mit dem er einen medialen Superhit landete. Pueyos Rezept zur Pandemie-Bekämpfung basiert auf einem Wechselspiel zwischen hammerharten Maßnahmen, in der Regel in den Dark-Winter-Monaten, und Phasen eines Beinahe- Normalzustands, der den Menschen nach einer Zeit der Entbehrungen durch Lockerungen wieder ein Gefühl von Freiheit geben sollte. Gleich einem Freudentanz ermöglicht es die Aussicht auf die Bewältigung der P(l)andemie den Menschen, wieder positiv in die Zukunft zu blicken. Durch diese ungewöhnliche Herangehensweise schaffte es Pueyos akademisch angereicherter Laien-Aufsatz sogar bis ins vom Bundesinnenministerium ausgearbeitete Strategiepapier Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen[4] und wurde fortan öfter zitiert als die Lottozahlen am Samstagabend.

    Diesem Prinzip folgend wurden, nach einem harten Corona-Winter 2020/2021 mit Lockdown, Schul- bzw. Einzelhandelsschließungen, Residenzpflicht und Kontaktverboten, mit Beginn des Sommers 2021 mehr Freiheiten zugelassen. Grenzüberschreitender Urlaub war jetzt wieder möglich, geschlossene Geschäfte konnten öffnen und der Besuch einer Gaststätte war völlig ohne irgendwelche G’s erlaubt. Unisono wurde freudig und zuversichtlich verkündet, einen erneuten Lockdown werde es nicht geben und eine Impfpflicht käme auch auf gar keinen Fall infrage. Doch diese Erholungsphase (the Dance) war nur von kurzer Dauer.

    Aber genauso schnell wie die Freiheitsbeschränkungen im Sommer ’21 fielen, kamen sie im Winter 2021/2022 zurück, diesmal indes umso härter. Was abzusehen und vielerorts prophezeit worden war, trat natürlich ein und dem Freudentanz folgte erneut der mit Macht geschwungene Holzhammer. Omikron hatte das Licht der Welt erblickt und produzierte, trotz zahlreicher wissenschaftlicher Hinweise auf eine geringere gesundheitliche Gefährdung, Inzidenzi[sic!]en, von denen zuvor niemand auch nur annähernd geschwurbelt hatte. Tagtäglich katapultierte die neue Mutante die in den Mainstream-Nachrichten verbreiteten Horrorzahlen in schwindelerregende Höhen. Eine Inzidenz von über 1000 war plötzlich ganz normal, während ein knappes Jahr zuvor bereits bei einem Wert von nicht einmal 100 der drohende Weltuntergang heraufbeschworen wurde. Erneut war die Rede von einer Überlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen oder einer unausweichlichen Triage. Angesichts der geringeren gesundheitlichen Beeinträchtigung und des Ausbleibens beweisführender Toter musste jetzt als zusätzliches Gefährdungsargument noch der mögliche Personalausfall in der kritischen Infrastruktur[5] hinzufantasiert werden. Es wurden ein Mangel an Polizeikräften, der Totalausfall der Feuerwehr[6] oder fehlendes Personal in der Energieversorgung modelliert und zum Gefahrenszenario hinzuaddiert, um so die wiederbelebten Eindämmungsmaßnahmen erneut rechtfertigen zu können. So folgte, ganz selbstverständlich und ohne wissenschaftlich fundierte Belege, die vierte auf die dritte Welle.

    Doch auch eine fünfte Welle ging vorüber, und so können wir uns darüber freuen, den Februar 2022 überhaupt erleben zu dürfen. Erneut scheinen wir den ach so tödlichen Winter einigermaßen gut überstanden zu haben, aber seien wir gewarnt. Irgendwann findet das Virus, wie von der Politik einhellig prophezeit, doch noch seine auserwählten Opfer, Omikron sei Dank. Die 2021 trotz Impfkampagne statistisch zu verzeichnender Übersterblichkeit (im Gegensatz zur fehlenden im Jahre 2020) dürfen wir natürlich nicht als Impfschadenfolge verbuchen, sondern getrost den Ungeimpften unterjubeln.

    Jetzt soll der 20. März 2022 als Freedom Day, dem sich alle Deutschen mit freudigem Hecheln und Schwanzwedeln entgegengesehnt haben, gefeiert werden und fast alle Maßnahmen sollen fallen. Erneut lädt der Sommer zum Dance auf dem Vulkan. Aber ist da vielleicht etwas faul in der deutschen Mark und an den Aufhebungsversprechen, an der Rückkehr zur Freiheit, an der Hoffnung, Corona könnte angesichts einer Herdenimmunität der Bevölkerung besiegt sein? Haben wir es hier nicht eher erneut mit einer hübsch dekorierten Mogelpackung zu tun? In seinem neuesten Artikel Coronavirus: Game Over[7] sprichtThomas Pueyo vom final battle for COVID und erklärt, warum dies das Ende der Pandemiephase und den Beginn der End(Emic)-Phase bedeutet. Im Sinne der self-fulfilling prophecy sind es aus seiner Sicht nur wenige Corona-Opfer geworden, im Gegensatz zur Masse, die es hätte werden können – aber wo gehobelt wird, da fallen eben auch Spä[h]ne. Was ist jetzt aber wirklich dran an der plötzlich so einmütig überall (in der Schweiz, in Österreich, in Großbritannien, in den osteuropäischen Staaten: überall einhelliges Maßnahmenende) verkündeten neuen Freiheit? Was wird uns derzeit gerade als die große Freiheit verkauft und wie sieht die Wirklichkeit aus?

    Die Maskenpflicht bleibt zum größten Teil erhalten. Schulkinder werden auch weiterhin unter der Keimschleuder im Gesicht zu leiden haben. Ungeimpfte werden sich weiterhin regelmäßig testen lassen müssen. Die Impfungen werden weiterhin fortgesetzt und z. T. erweitert, um den Genesenen- bzw. Geimpften-Status nicht zu verlieren. Last but not least muss davon ausgegangen werden, dass die allgemeine Impfpflicht in der einen oder anderen Form, in Schritten oder für bestimmte Alterskohorten, umgesetzt werden soll. Dem Tanz folgt der Hammer, so sicher wie das Amen in der Kirche, und schon jetzt wird mahnend der kommende Herbst/Winter beschworen. Gesundheitsphilister beschwören erneut drohende mutierte Mutanten und verweisen darauf, dass es für ältere Menschen sowie Ungeimpfte nie die volle Freiheit zurückgeben werde[8]. Es sind ja auch nach wie vor viel zu wenige Bürger „vollständig immunisiert“, sprich: mindestens zweimal geimpft und zweimal geboostert.

    Es ist so klar wie die gute Kloßbrühe aus Mutters Küche: Der nächste Hammer (4.0) kommt bestimmt und zu Freudentänzen sollte auf diesem Sommerball mit Sicherheit nicht geladen werden. Die vergangenen zwei Jahre haben nachdrücklich gezeigt, dass mit jedem Tanzschritt nach vorne mindestens zwei Schritten zurückgegangen wurde und die erreichten Erfolge zunichte gemacht wurden. Noch sind zu viele Menschen bereit, dem beschworenen Angstszenario fast widerstands- und bedingungslos zu folgen. Jedes Mal aufs Neue sind sie darüber erfreut, wenn ihnen selbstverständlich zustehende Freiheiten, als Geste der Großzügigkeit für vorauseilenden Gehorsam, kurzzeitig gewährt werden, nur um zügig wieder genommen werden zu können.

    Erneut erwartet uns ein Summerdance und auch diesmal wieder wird dieser nicht das Ende des Virus einläuten. Wir haben schon lange gelernt, damit zu leben, und seinen tödlichen Schrecken hat Corona angesichts überwiegend milder Krankheitsverläufe schon längst verloren. Es sind der Urlaub, der Gang ins Kino oder die Kneipe sowie das ungestörte Shoppingerlebnis, welche zur Impfspritze zwingen. Kaum jemand lässt sich heute noch aus Angst vor einer Corona-Infektion oder dem Tod auf der Intensivstation impfen.

    Ein wirklicher Freedom Day hieße die uneingeschränkte und sofortige Aufhebung aller Corona-P(l)andemie-Maßnahmen, die langjährige Anerkennung eines, mit medizinischen Forschungsergebnissen begründbaren, Genesenenstatus sowie die diesbezügliche Zulassung und Bestätigung durch T-Zellen-Tests und die uneingeschränkte Garantie des Rechts auf körperliche Unversehrtheit. Erst dann hätten wir wirklich Grund genug, den Kriegs-Hammer zu begraben und auf den Ruinen des Coronaregimes zu tanzen.


    [1] https://freie-linke.de/freier-funke/2021/06/hammer-and-dance-3-0

    [2] https://tomaspueyo.medium.com/coronavirus-act-today-or-people-will-die-f4d3d9cd99ca

    https://medium.com/@maxbalbach/coronavirus-warum-du-jetzt-handeln-musst-fb26b1ccb207

    [3] https://tomaspueyo.medium.com/coronavirus-the-hammer-and-the-dance-be9337092b56

    https://medium.com/tomas-pueyo/coronavirus-der-hammer-und-der-tanz-abf9015cb2af

    [4] chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.abgeordnetenwatch.de/sites/default/files/media/documents/2020-04/bmi-corona-strategiepapier.pdf

    [5] https://www.berliner-kurier.de/politik-wirtschaft/krankenhaeuser-polizei-feuerwehr-zwingt-omikron-unsere-kritische-infrastruktur-in-die-knie-was-haette-das-fuer-folgen-li.201782

    [6] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-feuerwehr-quarantaene-100.html

    [7] https://unchartedterritories.tomaspueyo.com/p/covid-end-game

    [8] https://www.berliner-zeitung.de/news/lauterbach-wehrt-sich-gegen-den-ausdruck-freedom-day-li.212315

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