Zum Inhalt springen
Startseite » Beiträge » Kurz auf der Treppe

Kurz auf der Treppe

    Soeben, auf der Treppe, traf ich einen nicht ganz neuen Nachbarn. Wir hatten noch nie länger gesprochen, als z.B. „Guten Tag“ oder „bei dem Wetter muss man raus“. Aber heute stand er so richtig ausgeruht auf dem Treppenabsatz und fragte: „Na, wie geht es denn so?“
    Und ich sagte ihm, dass ich unterwegs gewesen war.
    „Mein Auto muss zum TÜV. Und das sieht von den Landtouren in Mecklenburg völlig verdreckt aus. Ich habe dieses alte, gebrauchte Auto bislang ca. 4 Mal durch den TÜV gebracht und höchstens insgesamt 2 Mal zuvor gewaschen. Da bin ich zu einer Waschanlage gleich in der Nähe gefahren, solch eine an der Tankstelle.“

    Und der Nachbar? Schaut interessiert, sagt: „Aha“.
    „Die Angestellte wunderte sich etwas über mich. Denn ich hatte versucht, die Waschhalle von der falschen Seite anzusteuern. Ich sagte ihr, es tut mir leid, ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man das macht. Damit log ich ein wenig. Ich meinte, ich wäre noch nie mit einem Auto in einer Waschanlage gewesen.“

    Mein Nachbar hörte interessiert zu und nickte regelmäßig.
    „Mit Unterbodenwäsche, bitte, sagte ich ihr. Das sei die Best-Wash-Kombination zu 13,49 Euro.
    Gut, die nehme ich. Aber bitte, so sagte sie, Sie müssen von hinten hineinfahren. Meine Frage nun, darf ich im Auto bleiben. Natürlich nicht, denn Sie müssen nach dem Aussteigen den Code eintippen und dann gehen die Türen runter. Aha. Und zuvor schrauben Sie bitte die Antenne ab und klappen die Außenspiegel zurück. Gut, wird gemacht, so ich.
    Also fuhr ich vor die offene Tür, fummelte oben die Antenne ab und fuhr dann das Auto in die Spur zum Haltepunkt. Das klappte perfekt. So nun raus zum Terminal, den Code eintippen, so dachte ich. Das lief wie am Schnürchen, worauf eine freundliche digitale Frauen-Stimme unter anderem sagte: ….. wenn Sie die Antenne und die Außenspiegel ……..
    Upps! Ein Impuls sprang mich an. Die Außenspiegel! Ach oh, schnell hineingehastet. Hoffentlich gehen nicht gleich die Türen zu und ich bekomme eine Heißwasser-Unterboden-Wäsche in Totale ab.
    Ich klappte den ersten Spiegel herum, dann den zweiten. Oh nein, der brach aus der Halterung ab und hing nun nur noch an den Drähten der Innensteuerung. Draußen sprach die Frauenstimme Drücken Sie auf Start. Sie wiederholte das bedrohlich. Bitte drücken Sie nun auf Start!
    Was tun? Ich sprang ins Auto. Erst einmal geschützt. Dann raste ich im Rückwärtsgang aus der Waschstraße. Ein tankender Mensch schüttelte seinen Kopf, als hätte er ein Insekt im Ohr.
    Ans Terminal zurückgekehrt versuchte ich, die 13,49 Euro zu retten. Der Algorithmus des Automaten verstand nicht die ungewohnte Handlung, den Vorgang jetzt noch abzubrechen. Etwas blinkte. Die rote Taste war nur eine Art Notruf-Stopp für das System. Nur gut, dass die freundliche Angestellte dann kam und den Mechanismus in seine Schranken wies. Ihre Augen verrieten ihre Gedanken: So ein weltfremder Heini.“
    Mein Nachbar hob die Augenbrauen. Vermutlich dachte er, dass ich schon ein seltener Kauz bin. Ich erzählte weiter:
    „Dann bin ich zum Biomarkt gefahren. Da gibt es so ein alkoholarmes Bier. Ein langer Parkplatz war noch am Straßenrand frei. Ich wollte rückwärts einparken. Setzte mein Auto dazu an. Da kam ein Kleinwagen und fuhr vorwärts in die Lücke. Ich stieg aus und wollte dem Fahrer ordentlich Bescheid geben. Aber der stieg auch aus und ich meinte unschlagfertig, dass es besser sei, doch wieder einzusteigen und einen neuen Platz zu suchen. Den fand ich auch. Im Biomarkt zeigte mir ein artig-tüchtig maskierter Verkäufer die übersehenen Flaschen Dünnbier. Sehr freundlich und heiter, der liebe Mann. An der Kasse – es koste 18,10 Euro – fragte er: Kann‘s zehn Cent mehr sein, für die Nothilfe der Ukraine?
    Ich gab erklärlicherweise die ungewohnte Antwort, dass ich sogar 50 Cent geben würde, wenn es für den Jemen wäre. Der Mann der Kasse war sprachlos. Worauf ich höflich lächelte und sagte, dass ich auch gern 10 Cent mehr geben würde. Dachte dabei innerlich, dass es ja gewiss nicht in Munition gesteckt würde.“

    Mein lieber Nachbar meinte zurecht, dass man nun darauf nicht viel antworten und er nun aber weiter müsse. So geht das, reden und wieder aufhören.

    Du interessierst dich fürs Thema. Nimm Kontakt zu uns auf.