Von Dr. Wolfgang Stieler & Dr. Volker Zota – 13. April 2025.
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Den meisten Menschen wird das Akronym TESCREAL vermutlich nicht viel sagen. Dabei hat dieser Komplex aus Transhumanism, Extropianism, Singularitarianism, Cosmism, Rationality, Effective Altruism, and Longtermism die Eliten des Silicon Valley vermutlich entscheidend geprägt, allen voran Elon Musk. Es handelt sich um eine interpretative Perspektive auf verschiedene technologische und philosophische Strömungen, die zwar im Valley präsent sind, aber nicht zwangsläufig als einheitliche Weltanschauung verfolgt werden.
Der Philosoph Émile Torres hat den Begriff TESCREAL gemeinsam mit der KI-Kritikerin Timnit Gebru entwickelt, um deutlich zu machen, dass viel der schillernden, angesagten Ideologien aus dem Silicon Valley einen gemeinsamen Kern haben: Den tief verankerten Glauben an die angebliche Überlegenheit einer technologischen Elite gegenüber den minderwertigen Massen. Und obwohl es so aussieht, als ob die Tech-Bros im Moment vollkommen damit ausgelastet sind, die USA umzukrempeln, spielt diese Ideologie noch immer eine wichtige Rolle.
Die Rolle von Ideologie
Ideologie zu analysieren, mag auf den ersten Blick sehr akademisch wirken – zumal ein Teil der darin enthaltenen Konzepte ein wenig bizarr sind. Es ist jedoch aus zwei Gründen wichtig: Zum einen dient Ideologie immer der Selbstversicherung und Rechtfertigung des eigenen Tuns nach Außen. Zum anderen ist Ideologie auch immer eine Art geistiger Filter, der hilft, Sinn und Struktur in die Welt zu bringen und Unwichtiges von Wichtigem zu unterscheiden. Jemandes Ideologie zu verstehen, bedeutet also auch immer, zu verstehen, wie er oder sie „die Welt sieht“. Werfen wir also einen Blick auf einige wichtige Elemente, speziell zur technologischen Singularität, Superintelligenz, Transhumanismus, Effektivem Altruismus, Catastrophic Risk (Katastrophenrisiken) und Longtermism.
Singularität durch Superintelligenz
Die Anhänger der Idee einer technischen Singularität gehen davon aus, dass der technische Fortschritt der Menschheit sich im Laufe der Geschichte immer weiter beschleunigt hat. Bereits in Kürze wären die Menschen also in der Lage, eine KI zu bauen, die sich selbst verbessern kann. Ab diesem Zeitpunkt – der Singularität – sei der weitere Verlauf der technischen Entwicklung nicht mehr vorherzusagen. Aus der KI werde sich dann eine übermenschliche „Superintelligenz“ entwickeln, die im schlimmsten Fall die Menschheit vernichtet.
Die Idee der Singularität wurde in den 1990er Jahren durch einen Artikel des Mathematikers Vernor populär und später von Ray Kurzweil weiterentwickelt. Sie fand besonders im Silicon Valley Anklang, wo sie durch Organisationen wie das Singularity Institute (heute MIRI) institutionalisiert wurde. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Singularitätstheorie zwar diskutiert wird, aber es keine empirischen Beweise für ihre unmittelbare Realisierbarkeit gibt.
Timnit Gebru vermutet hinter dem Vorhaben keine technische, sondern eine politische Agenda. Gemeinsam mit Torres zieht sie eine historische Linie von den amerikanischen Eugenikern über die Transhumanisten zu den führenden Köpfen von OpenAI, in der es nie um die Zukunft und das Wohl der gesamten Menschheit ging, sondern darum, alles Unnütze und Überflüssige auszusortieren.
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