Von Jürgen Schmid – 3. Januar 2025.
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Vor genau 500 Jahren eskalierte der „Bauernkrieg“ gegen eine Obrigkeit, die das Landvolk als rechtlose Leibeigene missbrauchte. Zum Sieg der Eliten trug eine reaktionäre Vergeltungswaffe bei: Martin Luther. Kurz vor dem Gedenkjahr 2025 wagten die letzten deutschen Landwirte noch einmal den Aufstand – und wieder traf sie die Keule der Moralisten.
Im Januar 2024 kulminierte der Unmut der Bauern in deutschlandweiten Demonstrationen und Blockadeaktionen. Auslöser war die höhere Besteuerung von Agrardiesel durch eine wildgewordene Brüssler EU-Bürokratie. Dieser Apparat unterwirft mittlerweile alles in seinem Durchsetzungsbereich – und damit vor allem auch die Agrarwirtschaft – einem Geldvernichtungs- und Umerziehungsprogramm namens „European Green Deal“. Die tiefere Ursache der Frustexplosion im ganzen Land aber war und ist die Unzufriedenheit mit der destruktiven Regierungspolitik eines mittlerweile zerbrochenen Parteien-Bündnisses namens Ampel in Berlin. Ganz konkret erwarten die aufgebrachten Bauern weniger Belehrungen und Gängelungen durch die Politik, dafür wenigstens Wertschätzung ihrer Arbeit, von deren Erlös die meisten kaum noch leben können.
Solche Unbotmäßigkeit konnte die polit-mediale Klasse, die sich zusehends hinter Majestätsbeleidigungs-Paragrafen und einem Wortungetüm wie „staatsdelegitimierende Meinungsäußerungen“ vor jeglicher Kritik an ihrem Handeln verschanzt, dem unzufriedenen Landvolk nicht durchgehen lassen: Bevor sich die Herrschenden endgültig gezwungen sehen, sich ein neues Volk zu wählen, wurde das alte noch einmal maximal kujoniert. Journalisten, die fest ins Regierungshandeln eingebettet sind, lieferten die Munition und feuerten auch gleich selbst mit Großkaliber: Keineswegs legitime Proteste erlebe die Republik, urteilte der „Spiegel“ vor Jahresfrist. Die Demokratie sei vielmehr von einem „motorisierten Mistgabelmob“, ja gar von einer „Traktor-RAF“ bedroht. „Dreist, dreister, Bauernlobby“, schaukelte sich das Magazin empor und warnte davor, die Bauernproteste zum „Aufstand der Geknechteten“ hochzujubeln. Gegenüber den unbotmäßigen Bauern müsse die Politik endlich „eine andere Gangart“ an den Tag legen.
Welche darf’s denn sein? Genügt die Gangart des kanadischen Premiers Justin Trudeau? Er räumte und strafte die Trucker ab, die sich friedlich gegen die Corona-Zwangsmaßnahmen gewehrt hatten. Ihnen wurden die Konten gesperrt und die Personalausweise eingezogen, sodass sie das Land nicht mehr verlassen konnten. Oder braucht es härtere Maßnahmen wie diese: Man solle „sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss“, forderte einst kein anderer als Martin Luther. Was er im Mai 1525 in seiner berüchtigten Schrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“ empfahl, erfüllten deren Adressaten, die fürstlichen Obrigkeiten, buchstabengemäß. Im Geschichtslexikon „Bavarikon“ steht darüber zu lesen, dies sei ein Tiefpunkt in Luthers Biographie und Publizistik gewesen. Sein Verrat an den Bauern, die seine deklarierte „Freiheit eines Christenmenschen“ ernst genommen hatten, kostete den Reformator viel Rückhalt in der Bevölkerung.
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