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Vertrauenswürdige Markierer – Trusted Flagger

    Auf der Suche nach unliebsamen Meinungen im Auftrag der Bundesregierung

    Von Peter K. Panem – 11.10.2024.

    Die Bundesnetzagentur hat am 1. Oktober 2024 für die Umsetzung des umstrittenen «Digital Service Act (DSA)» den ersten deutschen Trusted Flagger ernannt. Mit der Aufgabe der Meldung fragwürdiger Inhalte im Netz wurde jetzt als erster „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“ die Organisation «REspect!» der «Jugendstiftung Baden-Württemberg» mit Sitz in Sersheim vom Staat zugelassen. Finanziert wird diese Stiftung vom Bundesfamilienministerium von Lisa Paus (Die Grünen) und erhielt seit 2020 aus dem Förderprogramm «Demokratie leben» knapp 800.000 Euro. Hinzu kamen 270.000 Euro vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (CSU) sowie eine Förderung durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg (Die Grünen). Laut Bundesnetzagentur spielen Trusted Flagger eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des «Digital Services Act».

    Laut Pressemitteilung von «REspect!» liegt der „Fokus auf Identifizierung von Hassrede, terroristische Propaganda und anderen gewalttätigen Inhalten“. «REspect!» arbeitet bereits heute mit den deutschen Strafverfolgungsbehörden zusammen, genauer mit der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI). Die Fundstellen werden dann an die ZMI und Plattformbetreiber weitergemeldet. Trusted Flagger wie «REspect!» genießen dabei besondere Privilegien, die es ermöglichen, dass ihre Meldungen in der Warteschlange von den Moderatoren der Plattformen priorisiert behandelt, schneller geprüft und effizienter entfernt werden können.

    Wer die Webseite von «REspect!» öffnet kann mit wenigen Klicks „Hetze oder Hass im Netz“ melden. Vorstandsvorsitzende von «REspect!» ist Petra Densborn. Sie ist gleichzeitig auch im Vorstand des «Christlichen Jugenddorfwerks Deutschland». Geleitet wird die Trusted Flagger Meldestelle seit Januar 2021 von Ahmed Haykel Gaafar, einem gelernten Islamwissenschaftler und gläubigem Muslim aus Ägypten. Bis 2023 war Gaafar auch Leiter der «Fachstelle Bidaya – Prävention von religiös begründetem Extremismus». Von der EU-Kommission wurde er bereits mehrfach eingeladen und durfte dort über die Bekämpfung von Hassverbrechen und Hassreden sprechen.

    Die Arbeit der anonymen Denunziationsorganisation «REspect!» ist jedoch mit äußerster Vorsicht zu betrachten, da sie nicht nur strafrechtlich relevante Inhalte weiterleitet, sondern auch Äußerungen, die man bei «REspect!» „nicht in Ordnung findet“. So wurde beispielsweise ein User bei der Polizei angezeigt, weil er einen Landtagsabgeordneten der Grünen als „Dummschwätzer“ bezeichnete.

    Die Zulassung derartiger – pseudoprivater – Meldestellen erfolgt durch den «Digital Services Coordinator» in der Bundesnetzagentur (BNetzA), die eigentlich zuständig ist für die Kontrolle der Strom- und Gasversorgung sowie der Telekommunikationsnetze. Geleitet wird sie von Klaus Müller (Die Grünen), der als Umwelt- und Landwirtschaftsminister im Land Schleswig-Holstein tätig war und als Parteifreund von Robert Habeck gilt. Er hofft, dass die DSA dazu beiträgt, „dass Menschen sicher und vielleicht auch ein bisschen fröhlicher auf sozialen Netzwerken“ unterwegs sind.  Bewerben für die Tätigkeit als Trusted Flagger können sich NGOs, Gruppen, die sich für die Sicherheit von Kindern einsetzen, Organisationen die sich zur Überwachung von Hassreden oder zur Identifizierung von schädlichen Inhalten berufen fühlen sowie Strafverfolgungs- und staatliche Aufsichtsbehörden. Darüber hinaus aber auch Einzelpersonen mit Fachkenntnissen in den Bereichen wie Hassreden, Urheberrecht oder Kinderausbeutung.

    Worin besteht letztendlich die Gefahr durch Trusted Flagger?

    Mit dem im November 2022 durch die EU verabschiedeten «Digital Service Act» gilt in Deutschland die Verpflichtung, Online-Plattformbetreiber wie z. B. Facebook, YouTube, TikTok, Telegram oder X auf illegale, problematische oder schädliche Inhalte auf ihren Seiten aufmerksam zu machen, um diese dann schnellstmöglich zu entfernen. Versprochen wird den Bürgern damit ein besserer Schutz ihrer Grundrechte, strengere demokratische Kontrolle und die Minimierung von Risiken wie Manipulation und Desinformation. Durch die Regelungen des DSA werden jedoch parallel zum staatlichen Gerüst aus Justiz und Polizei neue, fragwürdige Strukturen geschaffen, die sich um die gleichen Probleme kümmern sollen, dazu aber weder in der Lage, noch dafür qualifiziert sind. Statt ausgebildeter Polizisten und Juristen entscheiden jetzt Laien in Meldestellen darüber, ob Meinungsäußerungen ihrer Ansicht nach erlaubt sind oder gegen geltendes Recht verstoßen

    Angeblich – so wird behauptet – sollen Plattformen durch die Arbeit von Trusted Flaggern sicherer und gesetzeskonformer werden, weil diese speziell geschult sind und über eine hohe Meldegenauigkeit bzw. Erfolgsbilanz verfügen. Aber im Jahr 2023 – so die «Jugendstiftung Baden-Württemberg» – führten nur 33 Prozent der eingereichten Meldungen zu einer Strafanzeige. Bei zwei Drittel der gemeldeten Vorfälle bestand nicht einmal der Anfangsverdacht einer Straftat, was auch durchaus beabsichtigt ist. Die «Hans-Seidel-Stiftung» schreibt z. B. auf ihrer Webseite:

    „In den letzten Jahren hat sich unter anderem im digitalen Diskurs schleichend eine Menge Ressentiments und Diskriminierung gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen ausgebreitet. So werden Sie in Kommentarspalten beispielsweise viele Beiträge finden, die Musliminnen und Muslime, Geflüchtete oder Jüdinnen und Juden systematisch abwerten. Manches davon ist so subtil formuliert, dass es die Grenze der Strafbarkeit nicht überschreitet. Dennoch tragen solche Beiträge und Kommentare ihren Teil dazu bei, dass sich gesellschaftliche Ressentiments festigen und normalisieren. Letztlich führt das zu einer Diskriminierung der betroffenen Menschen, die regelmäßig in Gewalt mündet. Solche Beiträge sollten deshalb nicht unwidersprochen stehen bleiben. Je nachdem, worum es sich handelt, bietet sich Gegenrede oder die Nutzung einer Meldefunktion an, die ein Löschen des Inhalts zum Ziel hat. [Hervor. i. Orig.]“[1]

    Das Prinzip der sogenannten „vertrauenswürdigen Hinweisgeber“ ist rechtlich überaus problematisch, so Juristen. Trusted Flagger melden nämlich nicht nur strafbare Inhalte, sondern auf Verdacht auch erlaubte. Die genaue Definition, was Fake News oder Desinformation sind bleibt jedoch unklar. Auch gibt es solch schwammige und willkürliche Begriffe wie Hass und Hetze oder Desinformation im deutschen Strafrecht gar nicht. Juristen sehen im Verfahren der Trusted Flagger eine Gefahr für die Meinungsfreiheit und faktisch eine Ausschaltung des Rechtswegs, da die Plattformen dazu verpflichtet sind, schnell und „ohne bürokratische Hürden“ zu handeln. Dabei ist die bürokratische Hürde genau das, was die Meinungsfreiheit schützen soll. Die Grenzen zwischen legal und illegal verflüssigen sich und die Entscheidung des Plattformbetreibers löschen oder nicht löschen wird beim geringsten Zweifel – so die Erfahrung – fast immer für löschen ausfallen.

    Schon jetzt haben – laut Umfragen – mehr als die Hälfte aller Menschen in Deutschland das Gefühl, man könne seine Meinung nicht mehr frei äußern. Während sich der «Digital Services Act» nur gegen illegale Inhalte richtet und selbst verfassungswidrige Ansichten laut Bundesverfassungsgericht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, ist – laut bayerischer Landesregierung – auch Kritik an der Regierung zu melden und auf ihre gesetzestreue zu überprüfen. Das ist eine Aufforderung zur Denunziation und die Tage der Meinungs- und Pressefreiheit im Netz wären damit gezählt.

    Auch wenn letztlich nur Gerichte aufgrund geltender Gesetze dazu befugt sind, über die Löschung von Inhalten im Netz abschließend zu entscheiden, wird die Angst vor, mit einer Nichtlöschung verbundenen Kosten oder sogar hohen Millionenstrafen, automatisch dazu führen, dass Plattformbetreiber, auch wenn sie dazu nicht verpflichtet sind, „Meldungen“ ohne große Überprüfung von ihren Seiten nehmen. Statt rechtstaatliche Institutionen wie Staatsanwaltschaft oder Polizei zu beauftragen, werden jetzt fragwürdige, steuergeldfinanzierte, vorstaatliche Organisationen von sogenannten „vertrauenswürdigen Markierern“ dazu ermächtigt zu entscheiden, was gesagt, gedruckt, veröffentlicht oder gelesen werden darf.

    Die stückweise Abschaffung der Meinungsfreiheit

    Der Inlandsgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, hat bereits vor einiger Zeit die neue Kategorie der „Delegitimierung des Staates“ erfunden und unter Strafe gestellt.

    Die Umsetzung des DSA und die jetzt erfolgte Zulassung des ersten Trusted Flagger fügt sich stimmig in das sich abzeichnende Gesamtbild ein. Durch die konstante Beschränkung der Meinungsfreiheit, sowie die Erhöhung der Strafbarkeit und die Ankündigung, auch Meinungsäußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenzen in den Blick nehmen zu wollen, wird es zunehmend schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich (was ja möglicherweise beabsichtigt ist), zu beurteilen, welche Handlung oder bloße Meinungsäußerung zu einer Strafe führen kann.

    Und schon jetzt plant die Bundesregierung die nächste Gesetzesverschärfung. Mit einer von Marco Buschmann (FDP) eingebrachten Novelle will die Ampel-Regierung die Paragrafen 105 (Nötigung von Verfassungsorganen) und 106 (Nötigung des Bundespräsidenten) im Strafgesetzbuch ändern. Öffentliche Äußerungen, durch die sich politische oder staatliche Funktionsträger „psychisch beeinträchtigt fühlen könnten oder die gemeinwohlgefährdend Entscheidungs-prozesse der Funktionsträger beeinträchtigen“, sollen als „Gemeinwohlgefährdung“ gelten und unter Strafe, mit bis zu zehn Jahren Gefängnis, gestellt werden. Darüber hinaus schlug der Bundesrat sogar vor, unerwünschte Kontaktaufnahmen (z. B. über digitale Kommunikationsmittel) oder ungebetene räumliche Annährungen gegenüber politischen oder institutionellen Funktionsträgern unter Strafe zu stellen.

    Juristen sehen in der vorliegenden Novelle eine „inkonsistente Gesetzeslage“, da die Formulierungen derart unbestimmt und unpräzise sind, dass sie eine verschuldensunabhängige Haftung für hypothetische Kausalverläufe umfassen würden. Wer weiß den im Vorfeld, welche Äußerung oder Handlung ein Politiker als „psychisch belastend“ empfindet und wie soll eine derartige Belastung rechtssicher überprüft werden?

    Fazit

    Wenn pseudolinke, staatlich finanzierte Gruppen darüber entscheiden, welche Meinungsäußerungen Hass und Hetze sind und welche nicht, dann ist das als überaus bedenklich einzustufen und ein elementarer Verstoß gegen jegliche demokratische Grundprinzipien der nicht unwidersprochen hingenommen werden darf. Im Grundgesetz heißt es nicht umsonst:

    „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. […] Eine Zensur findet nicht statt.“

    Meinungsäußerungen, die nicht verboten sind, sind erlaubt! Basta!

    Hierzu auch ein Kommentar von Egon W. Kreutzer: https://egon-w-kreutzer.de/ein-bisschen-verrueckt-erscheint-mir-das-alles-schon


    [1] https://www.hss.de/gegen-hatespeech/hassrede-assistent/hassrede-beispiele/

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